Hallo Fabian,
die Amanos springen "nicht wirklich", auch wenn es manchmal bei Beobachtung der Tiere den Anschein macht, als würden sie urplötzlich wie Grashüpfer in die Höhe schießen. Wenn überhaupt, dann krabbeln oder klettern die Amanos aus dem Aquarium.

Das klingt zwar im ersten Moment abstrus und ungewöhnlich, kann aber in Stresssituationen durchaus vorkommen. Stimmt beispielsweise die Wasserqualität nicht, so versuchen die Wirbellosen aus dem Becken zu flüchten. Ist wie bei uns Menschen, wenn wir die Flucht nach vorn antreten wenn uns die Luft zu "dünne" wird. Ebenfalls werden solche Beobachtungen angestellt, wenn sich die Amanos von Fressfeinden atackiert und belästigt fühlen. Auch hier gilt das Gesetz der Flucht. Wenn nötig auch in die Gefahrenzone außerhalb des Wassers, wo die Wirbellosen tatsächlich für kurze Zeit überleben können. Gleiches gilt bei Sauerstoffmangel oder Schadstoffen / Giftstoffe im Becken.
Grunsätzlich sollte nach dem Besatz der Tiere - der ja bekanntlich mit viel Stress verbunden ist - das Becken vorsorglich abgedeckt werden, bis sich die Tiere wieder beruhigt haben. Je nachdem woher sie bezogen werden, ob sie einen langen Transportweg hinter sich haben oder gar im Paket bei dir eintreffen (was nichts ungewöhnliches mehr ist), kann es sein, dass die Tiere wirklich extrem gestresst sind und erst eine gewisse Zeit benötigen, um sich zu akklimatisieren und einzugewöhnen. Wer 24 Stunden im Flieger gesessen hat und von einer Turbulenz in die nächste geraten ist, wird auch nicht gleich nach der Landung die Sportschuhe anziehen und eine runde Joggen gehen zum Abspannen.
Darüber hinaus streitet man sich vielerorts, ob Amanogarnelen noch zu den Zwerggarnelen zählen, da sie mitunter bis zu 5 cm groß werden und aus diesem Grund auch in Becken ab 54 Liter Volumen gehalten werden sollten. Wer die Amanos schon mal beim sogenannten Paarungsschwimmen beobachtet hat, wird schnell merken, dass ein 30 Liter Cube um einiges zu klein ist.
Prinzipiell zählen Garnelen - gleich welcher Gattung - zu den Schwarm- oder Herdentieren, die aus einer Gruppe mit mindestens 10 Tieren bestehen sollten. In einem 30er Becken wird es da schon sehr eng. Soll es - wie in deinem Fall - offen betrieben werden, so kannst du davon ausgehen, dass bei dieser Menge der Tiere mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlicheit das eine oder andere Exemplar unter Stress oder beim Paarungsschwimmen einmal den Weg über die Oberkante nach draußen findet.
Von daher würde ich dir persönlich von den Amanos abraten. Im Übrigen habe ich schon Exemplare beobachtet, die oben auf dem Innenfilter eines Beckens sitzen und sprichwörtlich "frische Luft" schnappen.

Sieht nicht nur witzig aus, sondern stellt auch das Verhalten so manches Wirbellosen infrage.
Zum Thema Räuber / Jäger
Amano Weibchen benötigen in der Phase der Eiausbildung eine erhöhte Dosis an Proteinen, die bei einer artgerechten Haltung mit auf dem Speiseplan stehen sollte. Ich persönlich habe das nachfolgend beschriebene Verhalten noch nicht live beobachten dürfen, spreche hier aber aus einer Beobachtung eines Bekannten, mit dem ich erst kürzlich über dieses Thema gesprochen habe. Dieser hält sowohl Guppies als auch Red-Fire Garnelen zusammen mit einer handvoll Amanos in einem 120 Liter Becken. Da das Becken recht großzügig im Stil eines echten Aquascape bepflanzt ist, kommt sowohl vom Nachwuchs der Endler Guppies als auch von den Red-Fire Garnelen regelmäßig eine gewisse Zahl an Jungtieren hoch. Hierbei hat besagter Bekannter vor allem in Phasen der Fütterungspausen und unter Verzicht von gefrostetem Artemia (das von den Amanos auch gern genommen wird), mehr als nur einmal beobachtet, dass einige der kräftigeren und größeren Amanos (vermutlich Weibchen während der Ausbildung der Eier) sowohl von den Guppies als auch von den Red Fire Garnelen Jungtiere am Wickel hatten, die definitiv noch nicht tot waren.
Dass Garnelen verendete Fische fressen - und das mitunter binnen weniger Stunden restlos - ist kein Geheimnis. Bei lebendigen Tieren hingegen verhalten sich die Süßwassergarnelen ausnahmslos friedlich gegenüber den Mitbewohnern. Von daher sind weder Amanos als auch andere Wirbellose unter keinen Umständen als Killer zu betrachten. Ganz im Gegenteil!
Besagte Beobachtungen hingegen bilden die Ausnahme. Leider konnte mein Bekannter den "Fang" eines Guppies oder einer jungen Red-Fire nicht direkt beobachten, nur, dass die Tiere noch lebendig zwischen den Fühlern und Scheren der Amanos das Zeitliche gesegnet haben. Lebendfutter für Amanos bei Proteinmangel? Ich weiß nicht so recht...
Ich habe mal den Versuch gestartet, Amanos mit lebendigen Artemias zu füttern. Keine Chance. Amanos sind alles andere als geübte Jäger in meinen Augen. In gefrorenem Zustand sieht das Ganze hingegen ganz anders aus. Da fahren sie regelrecht drauf ab.
Aber zurück zum eigentlichen Thema: mein Bekannter ist der festen Überzeugung, gesehen zu haben, wie eine Amano eine kerngesunde Red-Fire von Kopf an in lebendigem Zustand "angeknabbert" hat.
Amanos sind im Vergleich mit jungen Guppies oder auch anderen Junggarnelen kräft- als auch größenmäßig überlegen und verfügen im Gegensatz zu anderen Zwerggarnelenarten im Süßwasserbereich über kräftig ausgeprägtere Scheren, weshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass im "Vorbeischwimmen" eben mal nach dem Lebendfutter gegriffen wird wenn es an Proteinen mangelt. Kranke oder schwache Tiere - egal ob Garnelen oder Fische - werden von Amanos im Rahmen der natürlichen Instinkte natürlich als "Futter" angesehen. Kerngesunde Tiere hingegen zu fangen und zu verspeisen erscheint mir aber auch nicht ausgeschlossen. In einem anderen, bekannten Forum zum Thema Garnelen habe ich kürzlich erschreckenderweise gelesen, dass Amanos auch an einen kerngesunden Otocinclus gegangen sind...
Was tatsächlich dahinter steckt und wie hoch dabei der Wahrheitsgehalt ist, bleibt natürlich dahingestellt. War es wirklich ein gesundes und junges Tier? Oder wurde hier im Rahmen eines ohnehin auf die Amanos als Killer abgestempelten Threads vielleicht die Panikmache agekrubelt? Solange ich solche Situationen nicht selbst beobachten kann oder sofern keine Bilder oder Videos solcher Situationen vorliegen, stehe ich solchen Aussagen immer etwas skeptisch gegenüber.
In meinem Fall konnte ich die Amanos bisher ausschließlich als friedfertige und gesellige Tiere beobachten, die ich problemlos mit Tigergarnelen, Otocinclus und Red-Fire halte. Zwischenfälle hat es bisher noch keine gegeben.
Von solchen immer wieder kursierenden Horrorgeschichten würde ich an deiner Stelle - bei einem größeren Becken - Abstand nehmen und eigene Erfahrungen sammeln. Meine persönlichen Beobachtungen haben in den letzten Jahren gezeigt, dass Amanos - wenn überhaupt - nur tote, todkranke, geschwächte oder veraltete Tiere fressen. Dennoch schließe ich persönlich nicht ganz aus, dass hin und wieder auch Jäger unter den Tieren zu finden sind, die gezielt junge Tiere verspeisen.
Vielleicht gibt es an dieser Stelle ja auch weitere Mitleser, die entsprechende oder auch komplett andere Erfahrungen und / oder Beobachtungen gemacht haben? Über einen entsprechenden Austausch - auch grundsätzlich zum Thema Amanogarnelen - würde ich mich an dieser Stelle ebenso freuen.